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lität gegen die Hierarchie zu erklären;
mit dieser Darstellung hört von selbst
die bisherige Geschichtsauffassung, die
die Illusionen des Mittelalters auf
Treu & Glauben annahm, auf – na-
mentlich die Illusionen die Kaiser
& Papst in ihrem Kampfe gegen ein-
ander geltend machen.
Während im gewöhnlichen Leben
jeder Shopkeeper sehr wohl zwischen
Dem zu unterscheiden weiß, was
Jemand zu sein vorgibt, & dem,
was er wirklich ist, so ist unsre Ge-
schichtschreibung noch nicht zu dieser
trivialen Erkenntniß gekommen.
Sie glaubt jeder Epoche aufs Wort
was sie von sich selbst sagt & sich
einbildet.
Da übrigens Sankt Max über
die wirkliche, geschichtliche Hierarchie nichts sagt, als daß
sie eine sehr „schwächliche“ gewesen
sei, womit Nichts gesagt ist, so
haben wir mit dem Obigen bereits
zu viel über die Hierarchie gesagt,
was übrigens nicht um Stirner‘s
Willen geschehen ist. Eine erschöpfen-
dere wirkliche Darstellung dieses Gegenstandes,
statt der obrigen abstrakten Andeu-
tungen über die wirkliche Darstellung
würde man dem biederen „edlen“
Egoisten Stirner vielleicht geben, sobald
er sich den Gegenstand selbst „aneignet“
& sich nicht mehr damit begnügt,
Hegels Abstraktionen
über die Hierarchie & das Mittelalter
auf einige “pomphafte Worte &
armselige Gedanken” zu reduziren. *
Kommen wir nun zur Hierarchie des
heiligen Max. Indem er die
alte Pfaffenherrschaft in die neuere
Zeit überträgt,
hat er damit die
neuere Zeit als „das Pfaffenthum“
aufgefaßt; & indem er diese in
die neuere Zeit übertragene Pfaffen-
herrschaft wieder in
ihrem Unterschiede von der alten
mittelaltrigen Pfaffenherrschaft faßt,
stellt er sie als Herrschaft der Ideo-
logen, als „das Schulmeister thum“
dar. So ist also Pfaffenthum =
Hierarchie als Geistesherrschaft
* Aus der Obigen Anleitung, eine Hierar-
chie à la Stirner zu konstruiren, geht
eb schon hervor, daß man das Kunst-
stück auch umdrehen & den Katholi-
zismus nicht nur als Vorstufe, sondern
auch als Verneinung der wahren Hierar-
chie fassen kann; so ist also Katholizis-
mus = Negation des Geistes, Ungeist,
Sinnlichkeit,& hierbei kommt dann
der große Satz unsres Jacques le
bonhomme heraus,daß der Jesuitism die Jesui-
ten „uns Uns vor dem Verkommen
& Untergang der Sinnlichkeitgerettet
haben“ (p 118) Was aus „Uns“ ge-
worden wäre wenn der „Untergang“
der Sinnlichkeit zu Stande gekommen
wäre, erfahren wir nicht. Es ist nicht
die Die ganz materielle Bewegung, die mit
seit dem sechzehnten Jahrhundert, ein die
„Uns“ nicht nur vor dem „Verkommen“
der Sinnlichkeit rettete , sondern im Ge-
gentheil die „Sinnlichkeit“ viel weiter aus-
bildete existiert für Stirner nicht– es sind die Jesuiten, die alles
das zu Stande gebracht haben. Man ver-
gleiche übrigens Hegels Phil. d. Gesch. p 425.