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die beiden Katzen von Kilkenny in Irland,
die einander so vollständig auffraßen
daß zuletzt nur die Schwänze übrig
blieben. Über diese Schwänze spricht
nun St. Bruno das Urtheil
aus, daß sie „Substanz“, also auf
ewig verdammt sind. Schließlich beru-
higt sich Herr Bruno mit dem Gedan-
ken, daß ihm dem Kritiker keine Kritik etwas
anhaben könne, „weil er der Kritiker
selbst“ sei.(p.124)
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Nachdem nun der heilige Mann 3) auf
diese angegebne Weise mit Feuerbach & Stirner
fertig geworden ist, nachdem er ferner
dem „Einzigen“ „jeden Fortschritt abge-
schnitten“ hat, wendet er sich gegen
die angeblichen Konsequenzen Feuer-
bachs, die deutschen Kommunisten. Der
heilige Vater mußte natürlich eine
Gelegenheit, wie die vorliegende, ab-
warten, um sich den Kommunismus
& seine theoretischen Vertreter in Deutsch-
land nach Bedürfniß zurechtmachen
& damit beseitigen zu können. Es war dieß für ihn um so nö-
thiger, als seine Denk-Arbeit u. auch die Züchtigung in
der „heiligen Familie“ zu Protokoll gebracht.
Der erste Eindruck den die „heilige
Familie“ auf den ehrwürdigen Kir-
chenvater macht, ist der einer tiefen
Betrübniß & einer ernsten, bieder-
männischen Wehmuth. Die einzige gute
Seite des Buches – daß es „ zeigte, was
Feuerbach werden mußte & wie sich seine
Philosophie stellen kann wenn sie ge-
gen die Kritik kämpfen will –“ (p. 138) daß
es also auf eine ungezwungene Weise
das Müssen mit dem Können &
Wollen vereinigte, – wiegt dennoch
die vielen betrübenden Seiten nicht
auf.
Die Feuerbachsche, hier
ganz willkührlich vorausgesetzte, Phi-
losophie, „darf & kann den Kritiker
nicht verstehen – sie darf & kann
die Kritik in ihrer Entwicklung nicht
kennen & er kennen – sie darf
& kann nicht wissen daß die Kritik
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„Wesen“ nicht im Entferntesten entspricht,
so wäre dies n[ach] der erwähnten
Stelle ein unvermeidliches Unglück, das
man ruhig ertragen müsse. Diese Millionen
Proletarier oder Kommunisten denken
indeß ganz anders, & werden dies ihrer
Zeit beweisen, wenn sie ihr „Sein“ mit
ihrem „Wesen“ praktisch, durch eine Revolu-
tion, in Einklang bringen werden. Bei sol-
chen Fällen spricht Feuerbach daher
nie von der Menschenwelt, sondern
er flüchtet sich jedesmal in die äußere Natur,
& zwar in die Natur, die noch nicht
unter die Herrschaft der Menschen ge-
bracht ist. Mit jeder neuen Erfindung aber,
mit jedem Fortschritt der Industrie
wird von diesem Terrain ein neues
Stück abgerissen, & der Boden, auf dem
die Beispiele für ähnliche Feuerbach-
sche Sätze wachsen, wird so immer kleiner.
Das „Wesen“ des Fisches ist sein „Sein“, das
Wasser, um bei dem einen Satze stehen
zu bleiben. Das „Wesen“ des Flußfisches
ist das Wasser eines Flusses. Aber
dies hört auf, sein „Wesen“ zu sein, es
wird ein für ihn nicht mehr passendes Exi-
stenzmedium, sobald dieser Fluß der
Industrie unterthan gemacht, sobald
er durch Farbstoffe & sonstige Abfälle
verunreinigt, durch Dampfschiffe befahren,
sobald sein Wasser in Gräben
geleitet wird
in denen man dem Fisch sein Existenz-
medium durch einfaches Ablassen
entziehen kann. Diese Erklärung aller derar-
tigen Widersprüche zu einer unvermeid-
lichen Abnormität ist im Grunde von
dem Trost nicht verschieden, den der
heilige Max Stirner den Unzufriedenen
gibt, daß nämlich dieser
Widerspruch ihr eigner Widerspruch diese schlechte Lage ihre eigene schlechte Lage sei,
wobei sie sich entweder beruhigen könnten,
oder ihren eignen Widerwillen für sich
behalten, oder sich auf phantastische Weise
dagegen empören dürften –
& ebenso wenig verschieden von
dem Vorwurfe des heiligen Bruno, daß
diese unglückseligen Umstände daher
kämen, daß die Betreffenden im Dreck
der „Substanz“ stecken geblieben, nicht
zum „absoluten Selbstbewußtsein“ fort-
geschritten seien & diese schlechten Ver-
hältnisse nicht als Geist von ihrem
Geist erkannt hätten. |