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irgend eine andre Marotte aufzulösen,
d. h. vorauszusetzen, daß
dieser ganze Unsinn überhaupt einen
aparten Sinn habe, der herauszufinden
sei, während es sich nur darum handelt
diese theoretischen Phrasen aus
den bestehenden wirklichen Verhältnissen
zu erklären. Die wirkliche, praktische
Auflösung dieser Phrasen,
die Beseitigung dieser Vorstellungen aus
dem Bewußtsein der Menschen wird wie schon gesagt
durch veränderte Umstände, nicht durch
theoretische Deduktionen
bewerkstelligt. Für die Masse der Menschen,
d. h. das Proletariat, existiren diese
theoretischen Vorstellungen nicht, brauchen
also für sie auch nicht aufgelöst zu werden,
& wenn diese Masse je einige theoretische
Vorstellungen, z. B. Religion hatte, so
sind diese jetzt schon längst durch
die Umstände aufgelöst. −Das rein Nationale
dieser Fragen & Lösungen zeigt sich auch
noch darin, daß diese Theoretiker alles
Ernstes glauben, Hirngespinnste, wie „der
Gottmensch“, „der Mensch“ &c hätten den
einzelnen Epochen der Geschichte prä-
sidirt –der heilige Bruno geht sogar
soweit zu behaupten nur „die Kritik
& die Kritiker hätten die Geschichte
gemacht“ – &, wenn sie sich selbst an
geschichtliche Konstruktionen geben, über
alles Frühere in der größten Eile
hinweg zu springen & vom “Mongolen-
thum“ sogleich auf die eigentlich „inhalts-
volle“ Geschichte, nämlich die Geschichte
der hallischen & deutschen Jahrbü-
cher & der Auflösung der Hegelschen Schule
in eine allgemeine Zänkerei
übergeht. Alle andern Nationen,
alle wirklichen Ereignisse werden ver-
gessen, das Theatrum mundi beschränkt
sich auf die Leipziger Büchermesse,
& die gegenseitigen Streitigkeiten
der „Kritik“, des „Menschen“ & des
„Einzigen“. Wenn sich die Theorie vielleicht
einmal daran gibt, wirklich historische
Themata zu behandeln, wie z. B. das
achtzehnte Jahrhundert, so geben sie nur die Geschichte der Vorstellungen
losgerissen von den Thatsachen & praktischen
Entwicklungen die ihnen zum Grunde liegen,
& auch diese nur
in der Absicht, um diese
Zeit als eine unvollkommene Vor-
stufe als den noch bor-
nirten Vorläufer der wahren geschicht-
lichen Zeit, d. h. der Zeit des
deutschen Philosophenkampfes von
1840/44 darzustellen. Diesem Zwecke,
eine frühere Geschichte zu schreiben
um den Ruhm einer ungeschichtli-
chen Person & ihrer Phantasieen desto
heller leuchten zu lassen, entspricht
es denn, daß man alle wirklich
historischen Ereignisse, selbst die wirk-
lich historischen Eingriffe der Politik
in die Geschichte, nicht erwähnt & dafür
eine nicht auf Studien, sondern
Konstruktionen & literarischen
Klatschgeschichten beruhende Erzählung
gibt – wie dies vom heiligen Bruno
in seiner nun vergessenen Geschichte
des 18ten Jahrhunderts geschehen ist.
Diese hochtrabenden & hochfahrenden Ge-
dankenkrämer, die unendlich weit über
alle nationalen Vorurtheile erhaben
zu sein glauben, sind also in der Praxis
noch viel nationaler als die
Bierphilister die von Deutschlands Ein-
heit träumen. Sie erkennen die Thaten
andrer Völker gar nicht für historisch
an, sie leben in Deutschland zu Deutschland
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